Claudia Pechstein wurde von der Internationalen Eislauf-Union wegen Blutdopings gesperrt. Im Radsport werden alle Nase lang Athleten des Dopings überführt. Jetzt werden sogar schon Pferde der Queen gedopt. Der Betrug ist scheinbar überall wo es etwas zu gewinnen gibt. Als aufgeklärter Geist muss man immer mit allem rechnen.
Aber wie soll man als ein den Sport liebender Fan damit umgehen? Wie mit dem Verdacht, wie, wenn der Verdacht zur Gewissheit wird?
Eisschnelllauf, Frau Pechstein, interessiert mich kaum. Pferde interessieren mich schon gar nicht, nicht mal die der Queen. Die Tour de France stand mir in meinem bisherigen TV-Sport-Fan-Dasein schon näher.
Nun hätte ich schon vor Jahren auf die Frage, ob bei der Tour de France gedopt wird, mit einem Ja geantwortet. Angeschaut habe ich mir dieses „Event“ dennoch, es war eben so, bis die Berichterstattung eingeschränkt wurde, Doping zum hauptsächlichen Thema wurde und ich das Interesse an dem Rennen verlor. Damit entschwand auch das ungute Gefühl.
Sehr viel schwieriger ist es, wenn einem ein Sport wirklich wichtig ist. Vor rund 20 Jahren verliebte ich mich in Baseball. Noch ohne Internet gab ich ein Heidengeld für VHS-Aufzeichnungen von einigermaßen aktuellen Spielen aus. Ich verfolgte nächtens Play-Off-Spiele via Weltempfänger und zahlte am Bahnhofskiosk 3 Mark für die europäische Ausgabe der USA Today, von der mich nur die eine Seite mit den Baseballstatistiken des Vortages interessierte. Ich lernte das Spiel zu spielen, sog die Geschichte in mich auf, war begeistert von dem, was sich über ein Jahrhundert in Zahlen nachvollziehen ließ und von denen, die sich immer wieder daran maßen. Auch von dem jungen Barry Bonds, dem Modellathleten, der den Ball aus dem Stadion schlagen konnte, der wie ein Hase um die Bases huschte und ein flinker Feldspieler war.
Einige Zeit später wurde Doping im Baseball ein immer größeres Thema. Nach und nach fiel ein Jahrzehnte alter Rekord nach dem anderen, gebrochen durch Spieler, denen man ihre Leistung nicht mehr glaubte. Auch und gerade durch Barry Bonds, der längst nicht mehr flink huschte, dafür aber als eine Art Home-Run-Monster mehr Bälle aus Stadien der großen Ligen drosch, als je ein Profi zuvor.
Und wie ist es mit dem Fußball?
Es gibt viel zu gewinnen. Fußball ist ein großes Geschäft und Fußball ist ein Hochleistungssport, in dem Kraft und Ausdauer die Grundlage aller Kunst bilden. Die Belastung ist für Spieler derart hoch, dass vielfach Schmerzmittel bereits prophylaktisch und regelmäßig geschluckt werden. Aber auf der Dopingliste stehende Substanzen werden so gut wie nie nachgewiesen. Und Fußball wird als sauberer Sport verkauft. Mit gesundem Menschenverstand ist dies nicht überein zu bringen.
Wie aber geht man um, mit diesem Verdacht? Wie reagiert man, wenn – stellen wir es uns einmal vor – im Profifußball, in der Bundesliga, ein Dopingsumpf aufgetan wird, wenn keine Guten mehr übrig bleiben, an die man guten Gewissens glauben kann? Wenn dumm stellen nicht mehr geht, wenn diejenigen, die verharmlosen, nicht mehr für voll genommen und belächelt werden?
Ich liebe Baseball nach wie vor. Wenn ich einen geschlagenen Ball höre oder einen Handschuh rieche bin ich sofort wieder dabei. Immer noch finde ich es spannend, die Spiele zu verfolgen, immer noch hoffe ich auf die nächste Meisterschaft für „mein Team“. Und trotzdem ist ein Teil des Zaubers wohl für immer dahin. Ich hoffe nicht mehr auf das Brechen von Rekorden, eher wünsche ich mir, dass die alten Bestand haben mögen. Und wenn ich hierzulande einigermaßen informierten Leuten die Faszination dieses Sports näher bringen möchte, geht dies nicht mehr ohne das Thema Doping. Das Aber schwingt immer mit.
Da liegt ein Schatten auf dem Sport, der einem einen guten Teil an Freude stiehlt. Auch das ist ein Teil des Betrugs durch Doping.