Spielervater

Natürlich kaufte Papa den ersten Fußball, da konnte er kaum laufen. Schon immer ließ er für Fußball alles liegen, und Papa hatte Spaß daran.

Der erste Verein war aus dem Viertel. Schnell war er in seiner Mannschaft der Beste. Er besorgte die Siege, wurde umjubelt, machte Papa stolz. Papa brachte ihn zum Training und half ein bisschen im Verein. Man verbrachte schöne Wochenenden miteinander.

Er war noch keine 10, da meldete sich der beste Club der Stadt. Ob er nicht bei ihnen spielen wolle, er hätte doch Talent, er wäre in seinem Club doch verschenkt. Natürlich hat ihn Papa unterstützt. Er wechselte und fand sich auch in der neuen Mannschaft schnell zurecht. Regelmäßig füllten nun Touren zu Turnieren die Wochenenden komplett aus. Dieser Verein brauchte Papas Hilfe nicht, trotzdem war er meistens dabei. Papa war Fußballfan und er liebte seinen Sohn.

Bei einem dieser Turniere spielte er gegen die Jugendmannschaft des Bundesligaclubs. Er war nun 12. Er spielte gut und fiel auf. Einige Tage später kam der Anruf. Ob man sich mal unterhalten könne. Ob man mal vorbei kommen könne. Es sei seine große Chance, und er war Feuer und Flamme. Papa erkannte, dass er ihm die Gelegenheit nicht verwehren konnte. Mama fand das gar nicht gut.

Von zu Hause bis zum Trainingsgelände waren es rund 40 km, aber darum musste sich Papa nicht kümmern. Sie holte ihn von der Schule ab und brachten ihn nach dem Training wieder nach Hause. An den trainingsfreien Tagen war er müde. Zeitweise ließen seine Leistungen in der Schule nach, aber auch darum kümmerten sie sich. Sie zeigten ihm Ziele auf und erklärten ihre Erwartungen. Papa hätte sich gerne selbst gekümmert, aber Mama gegenüber gab er das nicht zu. Mama war traurig.

Mit 14 nahmen sie ihn in ihr Internat auf. Sein Tagesablauf war nun klar geregelt. Er lernte erwachsen zu handeln, wurde schnell selbstständig. Morgens Schule, mittags Training. Er kam gut klar, wurde immer besser, galt schnell als großes Talent. Sportlich war er in besten Händen, trainierte unter dem Jugendtrainer, der schon so viele Jungs zu Bundesligaspielern gemacht hatte. Daheim war Papa einerseits stolz, andererseits vermisste er seinen Sohn. Mama weinte oft. Er war ihr einziges Kind. Nun war er weg. Sie hatte immer von einer kleinen Familie geträumt. Die Zeit war ihr zu kurz.

Mit 17 holte ihn der Trainer der Profimannschaft erstmals in den Kader. Es dauerte nicht lange, bis er seine Chance bekam. Er in der Bundesliga, der Debütant. Er machte ein gutes Spiel. Danach kam das Fernsehen. Wieviel er dem Jugendtrainer wohl zu verdanken habe, wurde er gefragt. Alles natürlich, sagte er, ein toller Trainer, er sei ihm wie ein Vater gewesen.

Papa sah das, daheim in seinem Sessel sitzend. Mama sagte nichts.

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