
In der neuen Spielzeit soll alles besser werden, auf und neben dem Platz. Ein Neuanfang, nach einem schlimmen Jahr für Schalke 04. Doch zum Auftakt der Saison 2020/2021 kassierte die Mannschaft acht Gegentore und Clemens Tönnies bewies seine Präsenz. Der Abend in München war der vielleicht schlechteste Neuanfang aller Zeiten.
Die letzte Saison verlief für Schalke 04 katastrophal. Die Skandale um den Aufsichtsratsvorsitzenden belasteten den ganzen Club. Die finanziellen Einbußen durch die Corona-Pandemie ließen den Verein um seine Existenz bangen. Desolate Leistungen auf dem Platz führten zu 16 Spielen ohne Sieg in Folge.
Nur vier Tage nach dem letzten Saisonspiel, einem 0:4 in Freiburg, präsentierten sich Alexander Jobst und Jochen Schneider neben Trainer David Wagner als die Macher des neuen Schalke. Nach dem Rücktritt des so übermächtigen Clemens Tönnies‘ und des Finanzvorstandes Peter Peters wurde erörtert, was falsch gelaufen sei in den letzten Jahren, was fortan besser werden soll. Man begründete den sportlichen Absturz mit der Verletzungsmisere und zeigte sich von der Eignung des Trainers überzeugt.
Freitagabend in München, in der neuen Saison angekommen, vor den Augen eines Millionenpublikums, eingerahmt von leidlich feierlicher Stimmung mit Hymne und Pipapo, präsentierte sich Schalke 04 gänzlich unverändert.
Den Tross der Clubverantwortlichen führte Clemens Tönnies an. Präsenz, mit der der Milliardär seine Macht bewies. Das konnte Alexander Jobst nicht gefallen, der sich nun gerne als der neue Chef präsentiert. Der eine Öffnung des Clubs für Investoren anstrebt und dessen Ziel es ist, den Mitgliedern die Angst vor dem einen, überstarken Mann zu nehmen. Denn die Botschaft der Bilder aus München lautete: Ein Clemens Tönnies bestimmt ausschließlich selbst, wie weit weg von, wie nah an oder wie bestimmend er im FC Schalke 04 sein will, niemand sonst. So wie er es auch in der Vergangenheit immer tat. Als er beispielsweise selbst entschied, wie und mit welchen Mitteln der Ehrenrat des Clubs auf seine rassistischen Äußerungen reagieren durfte. Als er die Fäden so zog, dass der heutige Aufsichtsrat nur mit ihm wohlgesonnenen Männern besetzt ist. Als kein Vorstand Entscheidungen gegen seinen Willen und an Telefonaten mit ihm vorbei durchzusetzen vermochte.
Unverändert handlungsunfähig zeigten sich auch David Wagner und seine Mannschaft. Selbstverständlich hatte niemand im Schalker Umfeld von einem Punkterfolg im München zu träumen gewagt. Dass Schalke dieses Spiel verlieren würde, war jedem Schalker nach Veröffentlichung des Spielplans klar. Doch spätestens als man nach einer halben Stunde mit 3:0 hinten lag, wäre es an der Zeit gewesen, den Spielansatz zu verändern, den Schaden zu begrenzen. Schalke konnte oder wollte das nicht; was letztlich beides als gleich schlimm zu erachten ist.
Also schlugen die Bomben weiterhin im 10-Minuten-Rhythmus in Ralf Fährmanns Tor. Das Muster der meisten Gegentore kannte man bereits aus den Testspiel-Niederlagen gegen unterklassige Gegner. Die bemüht hohe Pressinggrenze entblößte den Rückraum. Schlechte Raumaufteilung im Mittelfeld ließ dem Gegner Platz und Zeit. Steilpässe zwangen Schalkes Verteidiger in Laufduelle, die regelmäßig verloren gingen. So verliert man auch gegen Uerdingen. Bayern-Stars lachen eine so unorganisierte Bundesligamannschaft aus.
Dass Schalke seine Rekord-Sieglosserie fortsetzen würde, war zu erwarten. Dass man die höchste Niederlage seit 51 Jahren kassiert, hätte nicht passieren dürfen. Sportvorstand Schneider bezeichnete die Leistung gegen München als indiskutabel, konnte sich für das Duell gegen Werder Bremen in der kommenden Woche aber nicht zu einer klaren Forderung nach einem Sieg durchringen. Er erwarte „eine deutliche Leistungssteigerung, die sich auch im Ergebnis widerspiegelt“, und hielt sich damit die Möglichkeit offen, nahezu jedes Ergebnis als Steigerung gegenüber dem 0:8 wegmoderieren zu können.
Dabei muss jedem Beobachter klar sein, dass Schalke 04 sein Heimspiel gegen Bremen gewinnen muss. Werder war Fastabsteiger und enttäuschte im seinem ersten Saisonspiel am Samstag selbst. Am dritten Spieltag, in Leipzig, droht Schalke die nächste Klatsche.
Das mit Tönnies war allerdings von Schalker Seite kaum zu vermeiden. Wenn er sich zu den Bayern gehockt hätte ware es auch nicht gut angekommen.
Ganz unaufgeregt die Lage bestens beschrieben.
Chapeau!
für mich war erschreckend, dass Wagner nach der Partie ja sogar davon geredet hat, dass man nach dem 4:0, 5:0 zu naiv gespielt hat. Er steht ja selbst an der Seitenlinie und hätte es, gerade in einem Geisterspiel, relativ einfach beeinflussen können und seine Mannschaft zurückbeordern können. Vielleicht hat er es auch getan und die Mannschaft ist der Anweisung schlicht nicht gefolgt. So oder so kein gutes Zeichen.
Sollte es mit David Wagner nicht funktionieren schlage ich vor, eine gute alte Schalker Tradition in abgewandelter Form wieder aufleben zu lassen, die Bongartz-Mark, die als Marinho-Mark ja schon ein erstes Revival feiern konnte.
ALLE FÜR RALLE – Wir sammeln, damit wir Ralf Rangnick verpflichten können.
Ich überlege die ganze Zeit ob ich den Text als Satire kennzeichnen soll oder es bitter ernst meinen müsste.
Mich gruselt es bei dem Gedanken was kommt. Ganz so viele fallen mir nicht ein bei denen ich ein gutes Gefühl hätte.
Beim Rolf hätt ich’s…
Smiley
GLÜCKAUF
Also klar, Schalke hat wenig Geld und ein Trainer kostet Gehalt. Das belastet vor allem dann, wenn noch ein freigestellter Trainer auf der Payroll ist; und Wagner bekam ja immerhin einen 3-Jahres-Vertrag.
Dennoch denke ich, dass das Gehalt in einer Personalie Rangnick nicht entscheidend wäre. Viel mehr glaube ich, dass sich Schalke einen Rangnick nicht leisten kann, weil der nicht mehr ohne „zur Verfügung stehendem Geld“ für Veränderungen nach seinen Ideen arbeiten möchte.
Rangnick hat sich den Ruf des schlauen „Strukturierers“ in Hoffenheim und Leipzig erworben. Bei beiden Clubs gab und gibt es Mäzene, die Geld für Veränderungen zur Verfügung stellen, wenn sie ein Konzept überzeugt. Bei Schalke muss aber eben erst aus nix – bzw. aus dem, was da ist – Geld generiert werden. Es gibt quasi keinen Spielraum für Investitionen, solange nicht Bestand veräußert werden kann. Eben darunter leidet ja auch Jochen Schneider, der m.E. diesbezüglich einen guten Job macht.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Ralf Rangnick nochmal „diese Mühe machen“ möchte.
Ganz abgesehen davon, dass ich nicht mal glaube, dass sein Name ernsthaft in Entscheiderkreisen des Clubs diskutiert wird. Bild hat den Namen ins Spiel gebracht, ohne Hinweis auf interne Infos. Die Formulierung war lapidar. Der Name würde in Gelsenkirchen immer wieder genannt. Klar. Schalker sind viele.
Durch Corona wird am Samstag authentisches 80er-Jahre-Parkstadion-Feeling möglich. Weitgehend leere Ränge, schlechter Fußball, schlechte Laune, schlechtes Wetter. Ich freu mich über meine Karte.
Torsten, ich stimme mit einer Analyse zu R.R.und der Mühe die Schalke macht, überein. Ich hoffe trotzdem auf R.R. Die SZ schreibt heute: „Ralf Rangnick, der schon zweimal in Gelsenkirchen tätig war, wurde ebenfalls genannt. „Wenn ich sagen würde, Schalke interessiert mich überhaupt nicht, dann würde ich lügen“, sagte der 62-Jährige bei Sky: „Ich bin dem Verein noch immer verbunden“. Man darf ja träumen. Aber pragmatisch betrachtet gibt es einige besondere Herausforderungen. Die finanzielle Situation von S04 müsste, um Klarheit zu haben, von externen Fachleuten zunächst gründlich analysiert werden. Nach dieser Analyse die auf Grund de Tönniesschen Finanzaktivitäten eher in Richtung verheerend ausfallen dürfte, traue ich R.R. zu, die ewig gestrigen in Aufsichts – und Ehrenratsstrukturen und ihre personellen Repräsentaten kalt zustellen, um dann sportlich eine Mannschaft mit einem zeitgemäßen Spielstil aufzubauen. Ob RR das mit wenig Geld kann, ist wirklich die ganz besondere Herausforderung. Wir werden sehen. Glückauf!
@blues: schade dass es so nicht gekommen ist! So richtig woran es gelegen hat ist ja nicht rausgekommen – kann mich nur noch erinnern dass r r ziemlich schnell wieder abgewunken hat. (Btw ich hätte mir gerne Dieter hecking zur damaligen Zeit gewünscht .eben tatsächlich wegen Erfahrung und natürlicher Autorität . Mal sehen ob gross aus dem Haufen ne Mannschaft formen kann …)
@lennard: die Situation in und um die Mannschaft und den Verein ist sehr schwierig geworden. Leute wie Farfan, Höwedes, Burgstaller etc,. die immer weiter gemacht haben, sind nicht mehr im Team. Schneider scheint wie ein Mann von Tönnies Gnaden. In der Öffentlichkeitsarbeit wirkt Schneider so bescheiden, dass Tönnies ihm gegenüber immer ganz fein raus gewesen wäre. Der Plan scheiterte bekanntlich an den besonders unfairen Geschäftsmethoden von Tönnies´ Fleischfabriken.
R.R. hatte ja bereits zu Raúls´ Zeiten einen untrüglichen Eindruck, was mit einer bestehenden Mannschaft noch möglich ist. Das war diesmal sicher ähnlich. Leider. Bei mir war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken…
Ich weiche jetzt mal kurz auf einen Kulturtip mit Schalker Stallgeruch aus. Yves Eigenrauch macht jetzt einen Podcast. In der ersten Folge unterhält er sich 90 Minuten mit dem gebürtigen Münsteraner Techno-DJ „Westbam“, alias Maximilian Lenz. Ein nettes Gespräch über Pop, Blues, Punk, NDW, John Peel, Nullerjahre, Münster, Berlin und anderes. Yves Eigenrauch machte nicht nur 229 Spiele für Schalke sondern war in Münster auch 16 Jahre an der Kunstakademie. Nette Plauderei, schöne Ablenkung…
Hier der Link zum Podcast: